Industrialisierung der Energiewirtschaft - Neuausrichtung der IT Teil 1
Es ist noch nicht allzu lange her, da wurde ein IT-Projekt einmalig genehmigt und zur Umsetzung freigegeben. Danach wurde i.d.R. mehrere Jahr konzipiert, entwickelt, getestet und dann das IT-Anwendungssystem zur produktiven Nutzung freigegeben. Derartige Projekte waren hinsichtlich des Budgets sowie des Leistungsumfangs bezüglich der zu beteiligenden Mitarbeiter sehr umfangreich und stellten für Unternehmen Meilensteine in der Unternehmenshistorie dar.
Getrieben durch gesetzliche Anforderungen der Bundesnetzagentur müssen Energieversorgungsunternehmen (EVU) mittlerweile zweimal jährlich ihr IT-Anwendungssystem – in der Regel ihre IT-Anwendungssystemlandschaft mit zahlreichen Systemen unterschiedlicher Hersteller und Technologien sowie deren Schnittstellen untereinander – anpassen. Parallel zu den gesetzlichen Anforderungen kommen zahlreiche unterjährige Anforderungen aus der Marktbearbeitung hinzu. Diese Aufgabenstellungen bzw. Herausforderungen sind in einem EVU nur noch mit industriellen Prozessen zur Software-Entwicklung beherrschbar. Und, sie betreffen nicht nur die EVU-interne IT-Organisation sondern auch die der Auftraggeber bzw. Fachbereiche in einem EVU.
Handlungsfelder
Die aktuelle Situation bei EVUs ist oftmals durch folgende Herausforderungen gekennzeichnet
- Inhomogene IT-Landschaft
Eine Vielzahl unterschiedlicher IT-Systeme, teilweise mit suboptimalen Schnittstellen verbunden, werden zur Sicherstellung der operativen Prozesse in Eigenregie betrieben. - Regulierungsdruck
Eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben sind in kurzen Zeitabständen umzusetzen und führen zu signifikanten Anpassungsaufwänden (Kosten, Ressourcen). - Wettbewerbsdruck
Das Marktumfeld (v.a. Vertrieb) und der daraus entstehende Druck wird zunehmend intensiver. Vertriebe müssen immer schneller (re-) agieren – was die IT-Systeme oft nicht ermöglichen. Neben der Schnelligkeit gewinnt das Thema (IT-)Kosten eine immer größere Relevanz.
Daraus ergibt sich eine Situation, in der viele EVUs scheinbar gefangen sind:
Fehlende Budgets für große Restrukturierungen/Optimierungen – daneben aber der Zwang, sich den Herausforderungen anzupassen und die Organisation, Prozesse und IT auf Schnelligkeit und Kosteneffizienz auszurichten.
Lösungsoptionen
1. Durchwursteln (muddling through nach Charles E. Lindblom)
Aufgrund einer angespannten Ertragslage und reduzierter Budgets sind große Projekte zur Neukonzeption der Prozesse & IT oft nicht mehr durchsetzbar. Darüber hinaus bildet die Komplexität der aktuellen Umgebung eine scheinbar unüberwindbare Hürde, um hier grundsätzliche Reorganisationen vorzunehmen.
Oft wird aufgrund dieser Faktoren versucht, mit dem gegenwärtigen Zustand „so gut es geht“
auszukommen. Durch das Aufschieben von
Investitionen in die Zukunftsfähigkeit gerät das EVU im Wettbewerb immer weiter ins Hintertreffen. Es wird immer schwerer sich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Die Folgekosten steigen durch Abwarten tendenziell weiter.
2. Grundlegende Neuorientierung (intern)
Um die diversen Erweiterungen, Sonderlösungen, Schnittstellen und gewachsenen Ineffizienzen loszuwerden, ist ein Neudesign der Prozesse und IT notwendig. Oberstes Ziel sollte hierbei die INTEGRATION sein, d.h. die Abbildung in weniger IT-Systemen (ohne kostenintensive Schnittstellen und Speziallösungen).
Erst durch diese integrierte Lösung sind effiziente Prozesse und hohe Anpassungsflexibilität möglich. Ein solches Vorhaben berührt alle Ebenen (von der (IT-)Strategie bis zur operativen Umsetzung) und Unternehmensbereiche. Aufgrund des Umfangs sind die Kosten entsprechend hoch (mehrere Mio. Euro je nach Unternehmensgröße).
3. Grundlegende Neuorientierung (extern)
Viele EVUs haben erkannt, dass Option 1 nicht dauerhaft durchzuhalten ist und in eine Sackgasse führt. Auf der Suche nach Alternativen und zur Vermeidung der hohen Kosten von Option 2 rücken die folgenden Aspekte in den Fokus:
- die Suche nach Partnern
- Standards/Templates
- Auslagerung von Funktionen
- Die Systemfrage
Die Suche nach Partnern
Rein ökonomisch macht es Sinn, gemeinsam mit Partnern die immensen Investitionen in eine wettbewerbsfähige IT-Landschaft zu teilen. Aufgrund der Wettbewerbssituation kommen hier vor allem Gesellschaften in Konzernverbünden oder anderen Kooperationen (auch politisch) in Betracht.
Oftmals kommen solche Initiativen nicht über das Konzeptstadium hinaus, da die Steigerung von Effizienz und die Reduktion von Kosten zwangsläufig mit einer Aufwandsreduktion und ggfs. einer Personaleinsparung verbunden sind. Hier kommt es oft zu Verteilungskämpfen und politischen Hürden, die solche Vorhaben scheitern lassen. Auch ist das Finden der besten operativen Lösung zwischen den Partnern oft ein Konfliktpunkt.
Standards/Templates
Statt der Eigenentwicklung und dem Eigenbetrieb aller IT-Funktionen stellen Branchentemplates, betrieben durch einschlägige Systemhäuser, eine kostengünstigere Alternative dar (Einsparpotential >30%). Die Nutzung der Lösung durch weitere Kunden führt zu Kostendegressionseffekten in signifikanter Größenordnung. Eigene Investitionen können reduziert werden.
Eine Orientierung an effizienten Standards wird damit möglich. Diese sind bereits vorhanden, etabliert und erprobt und müssen nicht wie in einer Kooperation mühsam ausgehandelt und gefunden werden. Eine natürliche Hürde für teure Sonderlösungen ist damit systemimmanent eingebaut.
Die Standardisierung der IT stellt auch eine wichtige Voraussetzung für weitere Kostensenkungen im Prozessbereich dar (siehe folgender Punkt).
Auslagerung von Funktionen
Gerade für operative Funktionen mit wenig oder keiner Wettbewerbsrelevanz (Marktkommunikation/Datenaustausch, gesetzliche Vorgaben ohne Differenzierungsmöglichkeit) macht eine Eigenentwicklung/-betrieb wenig Sinn. Hier werden Ressourcen (Mitarbeiter, Kapital) gebunden, die oftmals keinen Kunden-/Wettbewerbsvorteil generieren und an anderen Stellen gewinnbringender eingesetzt werden können.
Die Systemfrage
Der Markt für energiewirtschaftliche Komplettlösungen ist aktuell durch wenige Anbieter geprägt. Die Kunden sind auf diese Produkte fest verteilt und es finden nur wenige Wechselbewegungen statt. Grund dafür ist die schon beschriebene Systemlandschaft mit ihrer oftmals stark ausgeprägten Komplexität und entsprechend hohen Projektaufwänden.
Daneben gibt es eine Reihe von Spezialanbietern mit einem klaren Fokus auf einzelne energiewirtschaftliche Themenkomplexe (EDM, CRM, Datenaustausch, etc.).
Durch den Einsatz dieser Spezialanbieter, die einzelne Funktionen besser und/oder kostengünstiger anbieten können, wird lokal ggfs. optimiert. Global betrachtet steigen dadurch die Gesamtkosten für Betrieb und Weiterentwicklung aber oftmals – soweit unsere Erfahrung aus einer Reihe von Kundenprojekten. Hauptgrund für diesen negativen Effekt ist die zunehmende Komplexität in der IT-Landschaft insgesamt. Zusätzliche Schnittstellen (die betrieben und gewartet werden müssen) stellen nicht nur einen Kostenfaktor dar, sondern führen auch zu Einschränkungen bezüglich Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Ausnahmen bestätigen hier die Regel. Bei intensiver Nutzung von Sonderlösungen droht ein „Abrutschen“ in Option 1 (Sackgasse).
Die generelle Empfehlung kann hier nur lauten:
- So nah es geht am Standard bleiben, Schnittstellen vermeiden und damit Effizienz und Kosten im Griff behalten.
- Die IT-Lösung idealerweise nicht allein entwickeln und betreiben, sondern auf einem Template bei einem etablierten Systemhaus zu dauerhaft niedrigeren Kosten.
- Dadurch Entlastung der eigenen Organisation und Schaffung von Freiräumen zur Optimierung und Generierung von Wettbewerbsvorteilen.
Zusammenfassung
Die Ausgangssituation bei EVUs ist aktuell durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Handlungsdruck (Schnelligkeit, Flexibilität, wettbewerbsfähige Kosten) durch intensiven Wettbewerb und erodierende Geschäftsmodelle (Erzeugung, Vertrieb, etc.)
- Komplexe operative Prozesse durch gesetzliche Vorgaben und fehlende optimale IT-Unterstützung
- Komplexe IT-Landschaften, mit lokalen Optimierungen durch Speziallösungen, dadurch geringe Flexibilität
- Hohe Kosten
Diese Ausgangslage stellt sich für jedes EVU ähnlich, aber im Detail mit
diversen technischen Ausprägungen, dar.
Basierend auf dem Ist-Zustand muss jedes EVU einen für sich optimalen Zielzustand entwickeln, sowie mögliche Entwicklungspfade dorthin - mit den entsprechenden Parametern (Zeit, Kosten).
Hier bietet die enerson it-consulting fundiertes Know-how durch langjährige Projekterfahrung erfahrener Berater und CIOs aus der Energiewirtschaft.
Ein erprobtes Vorgehen sieht dabei wie folgt aus:
- Bestandsaufnahme der aktuellen IT-Landschaft
(Systeme, Kosten, Flexibilität, Automatisierungsgrad, Prozessunterstützung, etc.) - Identifikation von Handlungsfeldern
(Verbesserungspotentiale anhand von Benchmarks und Business Cases) - Entwicklung eines Zielszenarios (IT-Strategie, IT-Bebauungsplan)
- Entwicklung eines Umsetzungsprogramms
(IT-Masterplan / Umsetzungsszenarien vom Ist- und den Zielzustand, Programmplanung) - Eine Erweiterung vom IT- auf den Prozessfokus wird empfohlen
(Make or Buy Entscheidungen auch auf Prozessebene)
Als Ergebnis der Analyse- und Planungsphase wird eine individuelle IT-Strategie erarbeitet und ein passender Umsetzungsplan vorgeschlagen.
Daran schließen sich Umsetzungsprojekte an - zur schrittweisen Neugestaltung und Optimierung der Prozesse und IT.
enerson unterstützt seine Kunden umfassend in allen Projektphasen sowie im anschließenden Betrieb.
enerson consulting/it-consulting
- Analyse der Ist-Situation, Entwicklung von Strategien, Bewertung/Benchmarking von Optionen (Make-or-Buy, Systemauswahl)
- Umsetzung in Implementierungsprojekten (Prozessoptimierungen, IT-Systemeinführungen)
enerson operations
- Übernahme von Prozessen (BPO) der qualifizierten Sachbearbeitung
(An-, Ab-, Ummeldungen, Marktkommunikation, Abrechnung, EEG, WiM, etc.)
enerson training
- Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern
- Coaching von Führungskräften
Hartmann & Company
- Personalrekrutierung (Headhunting)
Mit unserer Erfahrung entwickeln wir die für Sie passende Herangehensweise und garantieren deren Umsetzung.
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Frank Oesterwind Michael Schmidt
Vorstandsvorsitzender Geschäftsführer
enerson AG enerson it-consulting GmbH